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(K)Ein Kreuzotter-Märchen

Es ist April. Die Sonne heizt das Kreuzotter-Biotop schon merkbar auf; die Winterruhe der Kreuzottern ist vorüber. Die Männchen haben sich gerade „umgezogen“ und erstrahlen in einer kontrastreichen Hochzeitstracht. Es ist Paarungszeit.

Während sich ein hellbraun gefärbtes Weibchen in einer kleinen Höhle in einem Kraut-Moos-Haufen gemütlich gemacht hat, bekommt sie Besuch. Der Eindringling ist ein ca. 45 cm langes Männchen, strahlend weiß mit schwarzem Zickzackband. Und er ist äußerst nervös und hampelt in dem engen Quartier ständig hin und her. Sie wird abgetastet und bedrängt, aber rührt sich nicht vom Fleck. Warum bewegt sie sich denn gar nicht, wann darf er denn endlich ...

Zwischendurch muss draußen die Situation gecheckt werden, ob sich weitere paarungswillige Männchen am Kreuzotter-Quartier herumtreiben. Nein, da ist nur ein bärtiges NABU-Männchen, und der macht das Kreuzotter-Männchen etwas nervös. Da muss er doch mal genauer hinschauen, was dieser da so treibt.

Nein, keine Gefahr, er ist nur ein Spanner, also schnell wieder zurück zum Weibchen. Aber alle Mühen sind umsonst, sie hat heute keine Lust, und er legt sich sicherheitshalber mal dazu und wartet ab.

 

Der nächste Morgen bricht an. Das Männchen lugt aus verschiedenen Höhlen-Ausgängen heraus, um die Lage zu peilen.

Die Sonnenstrahlen haben den „Kreuzotter-Haufen“ noch nicht erreicht. Und das NABU-Männchen vor dem Quartier ist auch wieder da. Also wieder zurück.  

Die Sonne strahlt nun im vollen Umfang auf das Biotop, es wird über 10° C warm. Zeit zum Aufstehen. Das Männchen sucht sich einen passenden, aber geschützten Sonnenplatz, um auf Betriebstemperatur zu kommen.

Aber ruhig liegen, kann er nicht. Wo bleibt denn die Langschläferin? Erst etwa eine Stunde später hat auch sie ausgeschlafen und erscheint ganz gemütlich auf der Bildfläche und legt sich in seine Nähe.

Das Männchen hat ihre Anwesenheit noch gar nicht mitbekommen. Nun endlich hat er die lockenden Duftstoffe des Weibchens bemerkt, und kriecht so ganz unauffällig in einem großen Bogen zu ihr rüber. Aber keine Regung ihrerseits. Züngelnd und mit dem Kopf zuckend wird das Weibchen der Länge nach beschnuppert und gestupst. Nichts passiert. Also legt er sich direkt vor ihr.

Aber wenn man „Hummeln im Hintern hat“, dann ist es mit der Ruhe schnell wieder vorbei. Also noch ein Anlauf, der gleiche große Bogen … und dann passiert es. Während er vorne mit dem Kopf mal wieder das Weibchen inspiziert, bewegen sich auf einmal die Schwanzenden beider Tiere zuckend hin und her, wie ein wilder Spitzen-Tanz. Und dann ist es vollbracht, die Schwanzenden haben sich fest verkoppelt.
 

Jetzt wird auch das Weibchen aktiv und beginnt langsam den Rückzug zur Höhle. Aber was macht nun das Männchen, das mit seinem Schwanzende fest am Schwanzende des Weibchens hängt? Er hat keine Chance, wird einfach mitgeschleift, ob er will oder nicht. Da sieht das Männchen einen anderen Eingang zur Höhle und strebt schnell ins Dunkle. Es beginnt ein kurzes „Tauziehen“; dem NABU-Männchen schmerzt es sehr bei diesem Anblick. Aber das kräftigere Weibchen gewinnt mühelos, und so wird das Männchen langsam und vorsichtig rückwärts über den ganzen Haufen in das Liebesnest zurückgezogen.

 

Und in ca. 4 Monaten wird sich zeigen, ob der Paarungsakt erfolgreich war und das Biotop von weiteren 5-15 Mini-Kreuzlern bevölkert wird.
 
Wem ist es schon vergönnt, eine nur ca. 20 Minuten dauernde Kreuzotter-Paarung („öffentlicher Teil“) live in der Natur miterleben zu dürfen … Daran werde ich mich noch lange zurückerinnern und kann es mir in meinem Video auch immer wieder ansehen. Ich war ja der Spanner.

 

 

Euer Peter Kaiser

NABU Petersberg

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Kommentare: 1
  • #1

    Herbert (Montag, 04 Mai 2020 19:40)

    Wunderbar Peter wie Du das beschrieben hast, Glückwunsch die Reptilien können froh sein dass es Dich gibt ��